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Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter des Monats Oktober 2010


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste?

2.

Beratungskosten für Statusfeststellung als Werbungskosten?

3.

Sanierungserlass nur bei unternehmensbezogenen Sanierungen

4.

Organschaft - (Teilweise) Entwarnung beim Gewinnabführungsvertrag

5.

Einbringung eines MU-Anteils als Agio bei Bargründung

6.

Bestätigungsvermerk bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln

7.

GmbH-Geschäftsführer können durch Nebenabreden eine geringere Abfindungshöhe beschließen

8.

Anspruch auf Auseinandersetzungsguthaben vor Erstellung der Abfindungsbilanz?

9.

Aktuelle Gesellschafterliste: Einreichungsverantwortlichkeit des Notars

10.

Steuerzahler muss Finanzamt nicht auf Fehler aufmerksam machen

11.

Ehemaliger Klinik-Geschäftsführer erhält Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung

12.

Verjährung trotz Hinausschiebung einer Betriebsprüfung

13.

Zur Bewertung unentgeltlich eingeräumter Genussrechte

14.

Steuerneutrale Abspaltung eines Teilbetriebs

15.

Ehegatten-Untertreuhandverhältnis: Steuerrechtliche Anerkennung



1. Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste?

Kernproblem
Einkünfte, die ein inländischer Steuerpflichtiger durch eine im Ausland belegene Betriebsstätte erzielt, sind im Inland abkommensrechtlich regelmäßig freigestellt. Die Freistellung der "Einkünfte" umfasst dabei nach ständiger Rechtsprechung des BFH sowohl Gewinne als auch Verluste (sog. Symmetriethese). Die Freistellungsmethode ist somit für den Steuerpflichtigen im Fall von positiven Einkünften von Vorteil, bei negativen Einkünfte jedoch von Nachteil. Denn im letztgenannten Fall kann er die ausländischen Betriebsstättenverlusten nicht mit inländischen Gewinnen verrechnen. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs verstößt die Nichtberücksichtigung von ausländischen Betriebsstättenverlusten auch grundsätzlich nicht gegen das Europarecht. Ein Verstoß gegen die europarechtlich gebotene Niederlassungsfreiheit sei aber ausnahmsweise dann gegeben, wenn die Verluste einer im EU-Ausland befindlichen Betriebsstätte endgültig bzw. "final" seien. In der Praxis ungeklärt und strittig war bislang die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer "Finalität" der Verluste auszugehen ist und wie bzw. wann eine Verlustberücksichtigung im Inland zu erfolgen hat.

Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat bislang die Auffassung vertreten, dass ausländische Betriebsstättenverluste nur dann final sind, wenn sie aus rechtlichen Gründen nicht mehr genutzt werden können. Eine Aufgabe der ausländischen Betriebsstätte wäre demnach bspw. nicht ausreichend, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Steuerpflichtige in der Zukunft erneute eine Betriebsstätte in dem Land eröffnet und die Betriebsstättenverluste sodann nutzen wird.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist eine "Finalität" ausländischer Betriebsstättenverluste hingegen gegeben, wenn diese aus tatsächlichen Gründen im Betriebsstättenstaat nicht mehr genutzt werden können. Als Beispiele hierfür nennt der BFH explizit die Aufgabe oder Übertragung der Betriebsstätte sowie die Umwandlung der Betriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft. Keine "Finalität" der Betriebsstättenverluste nimmt der BFH hingegen an, wenn die Verluste lediglich aufgrund der ausländischen Rechtsordnung (bspw. zeitliche Begrenzung des Verlustvortrags) nicht mehr genutzt werden können. Des Weiteren hat der BFH entschieden, dass die Verluste auch im Rahmen der Gewerbesteuer zu berücksichtigen sind. Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung ist der Veranlagungszeitraum, in dem die Verluste final bzw. endgültig geworden sind (keine phasengleiche Verlustberücksichtigung).

Konsequenzen
Die zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung lange Zeit strittige Frage, wann von einer "Finalität" ausländischer Betriebsstättenverluste auszugehen ist, wurde nunmehr weitestgehend zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Steuerpflichtige können demnach ausländische Betriebsstättenverluste insbesondere dann im Inland verwerten, wenn sie die Betriebsstätte aufgegeben oder veräußert haben. Für noch betriebene Betriebsstätten mit entsprechenden Verlusten kann u. U. überlegt werden, diese Betriebsstätten in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln, um die bis dahin erzielten Verluste im Inland steuerlich geltend zu machen. Abzuwarten bleibt, ob die Finanzverwaltung solche "Gestaltungen" unter Missbrauchsgesichtspunkten aufgreifen wird.

2. Beratungskosten für Statusfeststellung als Werbungskosten?

Kernproblem
Bei GmbH-Geschäftsführern kann schon einmal streitig sein, ob diese der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Während die Sache bei Gesellschafter-Geschäftsführern noch relativ eindeutig zu beurteilen ist, können sich bei Fremdgeschäftsführern Probleme ergeben, denn hier ist die Befreiung eher die Ausnahme. Klärung bringt in der Regel ein Statusfeststellungsverfahren bei der Rentenversicherung. So ist es kein Wunder, dass sich Unternehmensberater die Erfolgserlebnisse ihrer Begleitung gebührend honorieren lassen. Aber wie sind die Aufwendungen steuerlich zu werten? Nach Auffassung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz weder als Werbungskosten, noch als Sonderausgaben bei den Vorsorgeaufwendungen (die sich ohnehin nur selten auswirken würden). Der BFH sieht das erfreulicherweise anders.

Sachverhalt
Ein GmbH-Geschäftsführer hatte mit einem Beratungsunternehmen eine Honorarvereinbarung geschlossen, die ein Basishonorar und für den Fall der Sozialversicherungsfreiheit ein Erstattungshonorar vorsah, das sich an der Höhe der zurückzuzahlenden Pflichtbeiträge der Renten- und Arbeitslosenversicherung orientierte. Der Erfolg trat auch ein, so dass sich das Finanzamt zunächst zurecht veranlasst sah, den Sonderausgabenabzug in den Einkommensteuerveranlagungen rückgängig zu machen. Den Beratungsaufwand von ca. 15.000 EUR wollte es jedoch nicht im Jahr der Zahlung berücksichtigen.

Entscheidung
Der BFH sieht Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Statusfeststellungsverfahren als durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und deshalb als Werbungskosten an. So lasse der Umstand, dass das Steuerrecht den Sozialversicherungsbeitrag als Vorsorgeaufwendungen durch einen beschränkten Sonderausgabenabzug entlaste, den Veranlassungszusammenhang entgegen der Auffassung des FG nicht entfallen. Insbesondere werde der Beratungsaufwand dadurch nicht zu einer Angelegenheit des Sonderausgabenabzugs. Die Frage der Sozialversicherungspflicht beträfe das Arbeitsverhältnis als solches und damit die Ebene der Einkommenserzielung, insbesondere die Höhe des vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer auszuzahlenden Gehalts. Hierfür spräche auch, dass Fragen der privaten Zukunftssicherung des Geschäftsführers nicht Gegenstand der Beratungsleistung waren. Auch dieser Umstand zeige, dass die streitigen Aufwendungen nicht als Kosten der Lebensführung einzuordnen seien.

Konsequenz
Wichtig für eine Abgrenzung ist damit die Rechnungsstellung des Beratungsunternehmens.

3. Sanierungserlass nur bei unternehmensbezogenen Sanierungen

Kernproblem

Sanierungsgewinne, wie bspw. aus einem (teilweisen) Schuldenerlass zum Zwecke der Sanierung eines Unternehmens, waren für bis zum 31.12.1997 endende Wirtschaftsjahre steuerfrei (§ 3 Nr. 66 EStG a. F.). In der Gesetzesbegründung zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. wurde indes darauf hingewiesen, dass zukünftig einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen im Billigkeitswege (Erlass bzw. Stundung der Steuer) begegnet werden könne.

Auffassung der Finanzverwaltung im Sanierungserlass
Nach Auffassung der Finanzverwaltung im sog. Sanierungserlass kommt ein sachlicher Härtefall nur im Fall von unternehmensbezogenen, nicht aber bei unternehmerbezogenen Sanierungen in Betracht. Eine unternehmensbezogene Sanierung liege demnach vor, wenn ein Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahrt und wieder ertragsfähig gemacht werden soll. Unternehmerbezogene Sanierungen sind hingegen solche, bei denen der Schuldenerlass den Steuerpflichtigen persönlich zugute kommen soll. Strittig war bislang, ob die Auffassung der Finanzverwaltung im Sanierungserlass überhaupt durch das Gesetz gedeckt ist (bejahend: FG Köln; verneinend: FG München). Bejahendenfalls war des Weiteren zu klären, ob die Beschränkung der sachlichen Härtefälle auf unternehmensbezogene Sanierungen rechtens ist.

Entscheidung
Der Auffassung des FG München, wonach der Sanierungserlass keine gesetzliche Grundlage habe, wurde durch den BFH explizit widersprochen. Nach Auffassung des BFH ist nicht zu beanstanden, dass die Finanzverwaltung zum Zwecke der Vereinheitlichung des Verwaltungshandelns in einer Verwaltungsvorschrift regelt, in welchen Fällen der Erlass von auf Sanierungsgewinnen beruhenden Steuern aus sachlichen Billigkeitsgründen möglich ist. Dass die Finanzverwaltung dabei lediglich unternehmensbezogenen Sanierungen mit Steuerstundungen und/oder -erlasse wegen sachlicher Unbilligkeit begegne, sei ebenfalls nicht zu beanstanden.

Konsequenzen
Zwar stimmt der BFH der Finanzverwaltung zu, dass bei unternehmerbezogenen Sanierungen kein sachlicher Härtefall gegeben sei. Dem Steuerpflichtigen bleibt es aber unbenommen, persönliche Billigkeitsgründe geltend zu machen. Offen gelassen hat der BFH dagegen ausdrücklich, ob die Verwaltung im Sanierungserlass zu weit reichende Billigkeitsmaßnahmen für zulässig hält. Diese Frage war im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu beantworten.

4. Organschaft - (Teilweise) Entwarnung beim Gewinnabführungsvertrag

Kernproblem
Eine ertragsteuerliche Organschaft bietet den großen Vorteil, dass Gewinne und Verluste von rechtlich selbstständigen Unternehmen miteinander verrechnet werden können. Voraussetzung für die Anerkennung der Organschaft ist dabei u. a., dass ein Gewinnabführungsvertrag mit einer Mindestdauer von 5 Jahren abgeschlossen wird. Ist die Tochtergesellschaft eine GmbH, so muss der Gewinnabführungsvertrag eine Verlustübernahmeverpflichtung entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG beinhalten. In der Praxis findet sich dazu häufig eine Formulierung, die zusätzlich zu dem Verweis auf § 302 AktG noch deren Wortlaut teilweise wiedergibt. Dies ist nach (sehr umstrittener) Auffassung der OFD Rheinland und OFD Münster schädlich, da damit nicht alle Regelungen des § 302 AktG abgedeckt seien.

Sachverhalt
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin (GmbH) zunächst einen Gewinnabführungsvertrag mit ihrer Muttergesellschaft abgeschlossen, der lediglich auf die entsprechende Anwendbarkeit der Absätze 1 und 3 des § 302 verwies. Diesen Vertrag änderte sie wenig später dahingehend, dass nunmehr allgemein auf § 302 AktG verwiesen und sodann ein Teil der Vorschrift wortgetreu wiedergegeben wurde. Die Finanzverwaltung verneinte in beiden Fällen die steuerliche Anerkennung der Organschaft. Die Klage der GmbH blieb in erster Instanz erfolglos.

Entscheidung
Der BFH gab der Beschwerde der GmbH nur teilweise Recht. In Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung wurde der zuerst geschlossene Gewinnabführungsvertrag nicht anerkannt, da dieser ausdrücklich nur auf die Absätze 1 und 3 des § 302 AktG verweise und somit nicht dessen gesamten Regelungsbereich beinhalte. Der geänderte Gewinnabführungsvertrag sei indes steuerlich anzuerkennen, da dieser einen allgemeinen Verweis auf § 302 AktG (und nicht nur einzelne Absätze) enthalte. In der zusätzlichen Wiedergabe eines Auszugs der Vorschrift könne dabei keine Einschränkung des vorangestellten allgemeinen Verweises auf § 302 AktG gesehen werden (entgegen OFD Rheinland).

Konsequenzen
Die Entscheidung dürfte für große Erleichterung in der Praxis sorgen. Zwar ist anzumerken, dass der Wortlaut des Ergebnisabführungsvertrages im vorliegenden Fall nicht zu 100 % mit der von der OFD Rheinland und OFD Münster zitierten Formulierung übereinstimmt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch bei ähnlichen Formulierungen der Argumentation der Finanzverwaltung die Grundlage entzogen ist. Weitere Entwarnung könnte das geplante JStG 2010 bringen, bei dem laut aktuellem Gesetzgebungsstand zukünftig bei einer GmbH als Tochtergesellschaft eine zivilrechtliche Verlustübernahmeverpflichtung der Muttergesellschaft ausreichend sein soll, so dass ein Verweis auf die entsprechende Anwendung des § 302 AktG nicht mehr notwendig wäre.

5. Einbringung eines MU-Anteils als Agio bei Bargründung

Kernproblem
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, so kann dies unter Beachtung der Voraussetzungen des § 20 UmwStG steuerneutral erfolgen. Eine der dort genannten Voraussetzungen ist, dass der Einbringende im Gegenzug für die Einbringung neue Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft erhält.

Sachverhalt
Im vorliegenden Fall waren mehrere aufeinanderfolgende Einbringungsvorgänge zu untersuchen. Im Kern war jeweils der folgende Sachverhalt strittig: Im Rahmen einer Bargründung oder -kapitalerhöhung einer GmbH übernahm der Gesellschafter der GmbH zusätzlich zu der Bareinlage die Verpflichtung, als Aufgeld (Agio) einen Mitunternehmeranteil in die aufnehmende Kapitalgesellschaft einzubringen. Für dieses Agio wurde bei der GmbH eine Kapitalrücklage gebildet. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Buchwertfortführung nicht vorlägen, da die neuen Anteile nicht als Gegenleistung für den eingebrachten Mitunternehmeranteil gewährt worden seien. Die dagegen gerichtete Klage des Einbringenden beim Finanzgericht war erfolgreich. Das Finanzamt legte hiergegen Revision ein.

Entscheidung
Der BFH hielt die Revision für unbegründet und bestätigte die Auffassung der Vorinstanz. Bei der Verpflichtung zur Einbringung des Mitunternehmeranteils handele es sich um ein Aufgeld, das neben den ebenfalls übernommenen Verpflichtungen zur Zahlung der Bareinlagen geleistet werden musste, um die neuen Anteile zu erhalten. Das für die Anwendung der Buchwertfortfortführung erforderliche Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Einbringung und dem Erhalt neuer Anteile sei somit entgegen der Auffassung des Finanzamts gegeben. Die Voraussetzung der Gewährung neuer Anteile sei demnach (auch dann) erfüllt, wenn der eingebrachte Sacheinlagegegenstand als reines Aufgeld neben der Bareinlage übertragen worden sei.

Konsequenzen
Das Urteil erging noch zu dem alten UmwStG-1995. Da im neuen UmwStG i. d. F. des SEStEG die Buchwertfortführung weiterhin die Gewährung neuer Anteile voraussetzt, behält das Urteil seine Gültigkeit auch im neuen Recht. Für den Steuerpflichtigen ist das Urteil interessant, da die Einbringung als reines Aufgeld neben der Bareinlage aus steuerlicher Sicht zu Buchwerten möglich ist und zum anderen aus gesellschaftsrechtlicher Sicht die Sonderregeln für Sacheinlagen nach § 5 Abs. 4 GmbHG (Sachgründungsbericht, registergerichtliche Werthaltigkeitskontrolle, etc.) keine Anwendung finden.

6. Bestätigungsvermerk bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln

Kernaussage
Lässt eine kleine Kapitalgesellschaft i. S. v. § 267 Abs. 1 HGB ihre Bilanz etwa zum Zwecke der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach § 57f Abs. 2 GmbHG prüfen, führt dies nicht zur Anwendung der Vorschriften über die Pflichtprüfung des Jahresabschlusses.

Sachverhalt
Bei der beteiligten Gesellschaft handelt es sich um eine kleine Kapitalgesellschaft mit einem Stammkapital von 400.000 EUR. Nach positiver Jahresabschlussbilanz 2009 wurde in der Gesellschafterversammlung beschlossen, einen Teilbetrag von 100.000 EUR in die Gewinnrücklage der Gesellschaft einzustellen. Mit notarieller Urkunde wurde die Umwandlung der Gewinnrücklage in Stammkapital durch Bildung eines neuen Geschäftsanteils beschlossen. Die Kapitalerhöhung sollte zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet werden. Dem war die Jahresabschlussbilanz mit einem Prüfbericht des Wirtschaftsprüfers nebst Bestätigungsvermerk beigefügt. Das Registergericht beanstandete, dass dem Bestätigungsvermerk der maßgebliche Erklärungsteil mit dem Wortlaut des § 322 Abs. 3 Satz 1 HGB fehle und wies den Antrag zurück.

Entscheidung
Die Beschwerde hatte Erfolg, denn der Bestätigungsvermerk zur Abschlussbilanz genügt im vorliegenden Fall den verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Handelsregistereintragung der Kapitalerhöhung. Im Fall einer Pflichtprüfung des Jahresabschlusses bestimmt sich der Wortlaut des notwendigen Bestätigungsvermerks nach § 322 Abs. 3 Satz 1 HGB. In den übrigen Fällen ist eine bestimmte Fassung nicht vorgeschrieben. Der Vermerk muss nur zweifelsfrei erkennen lassen, dass die Prüfung keine Einwendungen gegen die Gesetz- und Satzungsmäßigkeit der Bilanz ergeben hat. Bei einer Kapitalerhöhung muss das Registergericht in die Lage versetz sein, eine präventive Werthaltigkeitskontrolle durchzuführen. Diese bezieht sich darauf, ob die eingestellte Rücklage im vollen Umfange werthaltig ist.

Konsequenz
Die sich aus § 322 Abs. 3 Satz 1 HGB ergebene Formulierung des Bestätigungsvermerks ist nur bei Pflichtprüfungen von Jahres- und Konzernabschlüssen obligatorisch. Bei anderen Prüfungsgegenständen kann der Wirtschaftsprüfer hiervon abweichen.

7. GmbH-Geschäftsführer können durch Nebenabreden eine geringere Abfindungshöhe beschließen

Kernaussage
Die Gesellschafter einer GmbH können im Wege einer schuldrechtlichen Nebenabrede im Interesse der Gesellschaft abweichend von einer Satzungsbestimmung eine geringere Abfindungshöhe für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft vereinbaren. Die Gesellschaft kann aus der Vereinbarung der Gesellschafter, die einen Vertrag zugunsten Dritter darstellt (§ 328 Abs. 1 BGB), eigene Rechte herleiten.

Sachverhalt
Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten. Mit privatschriftlichem Gesellschafterbeschluss vom 11.9.2002 wurde ein von den Satzungsbestimmungen abweichender Berechnungsmodus für die Abfindungshöhe im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters bestimmt. In der Gesellschafterversammlung vom 17.8.2006 wurde sodann beschlossen, dass der Kläger seinen Geschäftsanteil gegen Abfindung nach Maßgabe des Beschlusses vom 11.9.2002 zu übertragen habe. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage und begehrte nach Übertragung des Geschäftsanteils an die Beklagte Zahlung einer Abfindung gemäß der Berechnung in der Satzungsbestimmung. LG und OLG gaben der Klage teilweise statt.

Entscheidung
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an einen anderen Senat des OLG zurück. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten zur wirtschaftlichen Notwendigkeit einer Abfindungsbegrenzung im Interesse der Aufrechterhaltung des Mitarbeiterbeteiligungsmodells, zum Einvernehmen der Gesellschafter über die Begrenzung der Abfindung und zu der Rolle des Klägers als Urheber, Initiators und Verfechter des Gesellschafterbeschlusses vom 11.9.2002 nicht zur Kenntnis genommen. Das Berufungsgericht hat damit den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Gesellschafter können grundsätzlich Rechtsverhältnisse in oder zu der Gesellschaft auch außerhalb des Gesellschaftsvertrages durch schuldrechtliche Nebenabreden regeln. Ein Formerfordernis besteht insoweit i. d. R. nicht. Diese Vereinbarung bindet generell die Vertragsparteien. Sie stellt einen sog. Vertrag zugunsten Dritter dar, aus dem die Gesellschaft (als Dritte) eigene Rechte herleiten kann. Ferner hat der Kläger sich möglicherweise widersprüchlich i. S. d. § 242 BGB verhalten.

Konsequenz
Zur Vermeidung derartiger Gesellschafterstreitigkeiten sollten Gesellschafterbeschlüsse stets klar und deutlich in der für sie erforderlichen Form gefasst werden.

8. Anspruch auf Auseinandersetzungsguthaben vor Erstellung der Abfindungsbilanz?

Kernaussage
Der Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens oder eines Verlustausgleichs wird nicht erst mit Erstellung oder gar Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz fällig. Voraussetzung für den Beginn der Verjährung (§ 195 BGB) eines vor dem 1.1.2002 entstandenen Anspruchs ist die Kenntnis des Gläubigers oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen.

Sachverhalt
Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Form einer GbR. Die Beklagten waren der GbR im Jahr 1989 beigetreten. Ende 1999 erklärten sie die Kündigung zum 31.12.2000. Nach dem Gesellschaftsvertrag wird ein Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens oder Verlustausgleichs innerhalb von 6 Monaten nach Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters fällig. Die am 21.7.2003 erstellte endgültige Auseinandersetzungsbilanz wies zum Stichtag einen anteiligen Verlust für die Beklagten aus. Einen Teilbetrag hat die Klägerin im Mahnverfahren geltend gemacht. Im Oktober 2004 wurde sie über den Widerspruch der Beklagten unterrichtet. Den Gerichtskostenvorschuss zahlte die Klägerin im Januar 2007 ein. Das AG gab der Klage statt. Das LG wies sie wegen Verjährung ab.

Entscheidung
Der BGH hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache an das LG zurück, da die Urteilsfeststellungen die Klageabweisung wegen Verjährung nicht trugen. Das Fehlen der Auseinandersetzungsbilanz hindert den Eintritt der Fälligkeit nicht, da der Anspruch bestimmbar ist und im Wege einer unbezifferten Feststellungsklage hätte geltend gemacht werden können. Voraussetzung für den Verjährungsbeginn eines vor dem 1.1.2002 entstandenen Anspruchs ist die Kenntnis des Gläubigers oder die grob fahrlässige Unkenntnis, dass das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreichen wird. Hierzu hatte das LG keine Feststellungen getroffen.

Konsequenz
Gemäß dieser Entscheidung sollte auch der Ausscheidende zur Vermeidung der Verjährung im Wege der Stufenklage Vorlage der Auseinandersetzungsbilanz und sodann Zahlungsklage erheben, sofern das Gesellschaftsvermögen die gemeinschaftlichen Schulden deckt.

9. Aktuelle Gesellschafterliste: Einreichungsverantwortlichkeit des Notars

Kernproblem
Soweit ein Notar eine GmbH-Geschäftsanteilsabtretung beurkundet (§ 15 Abs. 3 GmbHG), hat er an der Veränderung des Gesellschafterbestandes mitgewirkt und ist verpflichtet, eine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister einzureichen. Dieser Fall ist eindeutig. Fraglich hingegen ist die Einreichungspflicht des Notars, wenn er nicht unmittelbar mitwirkt, sondern z. B. einen Verschmelzungsvertrag beurkundet, durch den sich mittelbar die Gesellschafterstellung bei einer Tochter-GmbH des übertragenden Rechtsträgers ändert. Das OLG Hamm hat dazu Stellung genommen, ob in solchen Fällen den Geschäftsführer oder den Notar die Einreichungsverantwortlichkeit trifft.

Beschluss des OLG Hamm
Im Streitfall hatte ein Notar mehrere Verträge (Ausgliederung/Übernahme und Verschmelzung) in zeitlich engem Zusammenhang beurkundet, die mittelbar den Gesellschafterbestand einer GmbH veränderten. Die vom Notar unterzeichnete Gesellschafterliste wurde vom Registergericht beanstandet, weil bei einer nur mittelbaren Mitwirkung des Notars an der Bestandsveränderung allein der Geschäftsführer die Liste hätte unterzeichnen müssen. Dieser Auffassung folgte das OLG Hamm unter Hinweis auf den Wortlaut des § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG nicht: das Wort "mitgewirkt" umfasse sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Mitwirkung eines Notars.

Ansicht der Literatur
Der Ansicht des OLG treten Stimmen in der juristischen Literatur entgegen. Zwar wird zugegeben, dass weder der Wortlaut der Vorschrift, noch die Gesetzesbegründung gegen ein solch weites Verständnis des Begriffs "mitgewirkt" sprechen. Dennoch könne auch die besondere Kenntnis eines Notars über die internen Vorgänge der Beteiligten keine maßgeblichen Ausschlag für dessen Einreichungsverantwortlichkeit geben. Im Hinblick auf eine klare Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Geschäftsführern und Notaren müsse es bei der Einreichungsverantwortlichkeit des Geschäftsführers im Falle eine lediglich mittelbaren Mitwirkung des Notars bleiben.

Fazit
Bei der Entscheidung des OLG Hamm handelt es sich um die erste zur Einreichungspflicht hinsichtlich einer aktuellen Gesellschafterliste durch Notare bzw. Geschäftsführer. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Obergerichte den Erwägungen anschließen.

10. Steuerzahler muss Finanzamt nicht auf Fehler aufmerksam machen

Kernaussage
Reicht ein Steuerpflichtiger eine vollständige und zutreffende Steuererklärung beim Finanzamt ein, ist er nicht dazu verpflichtet, auf den Fehler des Finanzamtes bei der Festsetzung des zu versteuernden Einkommens aufmerksam zu machen, auch wenn er dadurch Steuern spart.

Sachverhalt
In der Einkommensteuererklärung für 1999 gab der Kläger Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von rund 1 Mio. DM an. Das beklagte Finanzamt erließ im März 2002 einen Einkommensteuerbescheid für 1999 in dem es die vom Kläger genannten Einkünfte aufgrund eines Eingabefehlers als negative Einkünfte behandelte. Dieser Bescheid und die Folgebescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit der Einkommensteuererklärung für 2001 verwies der Kläger auf den verbleibenden Verlustvortrag und erklärte, dass er mit einer Einkommensteuererstattung rechne. Der Vorzeichenfehler des Beklagten hatte zur Folge, dass der Kläger für die Jahre 1999 bis 2001 sämtliche Einkommensteuervorauszahlungen erstattet bekam. Im Vorfeld einer im Jahr 2004 angeordneten Betriebsprüfung ging bei dem Beklagten eine strafbefreiende Erklärung des Klägers ein. Mangels Vorliegen einer Straftat lehnte der Beklagte die strafbefreiende Erklärung ab. Hiergegen richtet sich die Klage, da der Kläger, wenn schon Nachzahlungen zu entrichten waren, in den Genuss der für ihn günstigeren Steueramnestie kommen wollte.

Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Die Revision ist vor dem BFH anhängig. Der Kläger hat weder unrichtige Angaben gegenüber Finanzbehörden gemacht, noch diese pflichtwidrig über steuererhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen. Auch die Angaben in der Steuererklärung für 2001 entsprachen der Wahrheit. Ferner hat sich der Kläger keiner Steuerhinterziehung durch Unterlassen schuldig gemacht, denn die hierfür erforderliche Garantenstellung wurde mangels eines Fehler verursachenden Handelns des Steuerpflichtigen nicht begründet. Aus diesem Grunde ist der Steuerpflichtige nicht zum Einschreiten verpflichtet und muss nicht auf Fehler des Finanzamts hinweisen.

Konsequenz
Die Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten. Gegen Hinterziehungszinsen wegen eines nicht angezeigten Fehlers des Finanzamts sollte mit einem Einspruch und einem Antrag auf Ruhen des Verfahrens unter Hinweis auf das anhängige BFH-Verfahren reagiert werden.

11. Ehemaliger Klinik-Geschäftsführer erhält Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung

Kernfrage/Rechtslage
Obwohl arbeitsrechtlich feststeht, dass ein GmbH-Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer der GmbH angesehen werden kann, fallen GmbH-Geschäftsführer in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Dies allerdings nur, soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft. In diesen Fällen sind auch GmbH-Geschäftsführer vor Diskriminierungen geschützt. Das Oberlandesgericht Köln hat jetzt erstmals einem Geschäftsführer auch Schadensersatz zugesprochen.

Sachverhalt
Der 60 Jahre alte Kläger war auf 5 Jahre befristet medizinischer Geschäftsführer einer Klinik-GmbH. Der Aufsichtsrat der GmbH lehnte bei Vertragsende eine Verlängerung der Anstellung ab; die Stelle wurde mit einem 41-jährigen Nachfolger besetzt. Im Prozess machte der Geschäftsführer geltend, seine erneute Bestellung sei allein aus Altersgründen gescheitert und obsiegte vor dem Oberlandesgericht.

Entscheidung
Das Gericht urteilte, dass dem Kläger zunächst die gesetzliche Beweiserleichterung des AGG zugute komme; die Benachteiligung aus Altersgründen stehe aufgrund von Indizien fest, die die Klinik-GmbH im Prozess nicht widerlegt habe. Dabei stellte das Gericht zentral auf Presseberichte ab, nach denen auf der Basis von Äußerungen aus dem Aufsichtsrat die Entscheidung gegen den Kläger eindeutig in einen Zusammenhang damit gestellt wurde, dass man diesen nicht für weitere 5 Jahre beschäftigen könne, ohne die für die Leitungsämter vorgesehene Altersgrenze von 65 Lebensjahren zu überschreiten. Klarer - so das Gericht - könne man einen bestimmenden Einfluss des Altersfaktors nicht umschreiben. Die von Seiten der GmbH vorgelegten Aufsichtsratsprotokolle, in denen auch über Unzulänglichkeiten des Klägers gesprochen worden war, seien nicht geeignet, dessen Anspruch zu entkräften.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Reichweite des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes über den normalen Arbeitnehmerkreis hinaus. Allerdings ist die Entscheidung (noch) nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

12. Verjährung trotz Hinausschiebung einer Betriebsprüfung

Kernproblem
Dass im Steuerrecht nicht nur materielle, sondern auch verfahrensrechtliche Dinge zählen, hat einmal mehr ein Verfahren vor dem BFH gezeigt. Hier hatte das Finanzamt einen Bericht der Betriebsprüfung (BP) ausgewertet. Die Besonderheit daran war der Zeitablauf. Die Jahre 1993 und 1994 eines Kieswerks sollten geprüft werden. Steuererklärungen waren jeweils im Folgejahr abgegeben worden, die BP sollte im Dezember 1996 beginnen. Dann ging es los: Auf Antrag des StB wurde die Prüfung in den Januar 1997 verschoben. Weil der Betriebsprüfer jedoch mittlerweile abgeordnet war, verschob das Finanzamt die BP in das 2. Halbjahr 1997. Dann passierte nichts mehr bis zum November 1999. Jetzt wollte das Finanzamt, aber das Kieswerk lieber erst im nächsten Jahr. So kam es dann endlich im Frühjahr 2000 zur BP. Aber durfte das festgestellte Mehrergebnis noch ausgewertet werden?

Rechtslage
Eine Änderung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist; diese beträgt regelmäßig 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Die Regelverjährungen waren somit Ende 1998 (für 1993) bzw. Ende 1999 (für 1994) eingetreten. Wird jedoch vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für diese Jahre nicht ab (sog. Ablaufhemmung), bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Bescheide unanfechtbar geworden sind. Somit sprach vom Gesetzeswortlaut vieles für eine Ablaufhemmung.

Entscheidung des BFH
Der BFH hat die Streitjahre als verjährt angesehen. Zwar habe der Antrag des Kieswerks auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung ungeachtet der beantragten Frist der Verschiebung (bis Januar 1997) dazu geführt, dass die Ablaufhemmung zunächst eingetreten und auch nicht allein wegen des Ablaufs der beantragten Frist rückwirkend entfallen sei. Die Ablaufhemmung sei jedoch deshalb wieder entfallen, weil das Finanzamt nicht innerhalb einer Frist von 2 Jahren nach Eingang des Antrags auf Verschieben des Prüfungsbeginns mit einer Prüfung begonnen habe. Der Terminvereinbarung Ende 1999 wurde keine Bedeutung mehr beigemessen, weil sich ein Antrag auf Verschiebung nicht erwiesen habe.

Konsequenz
Der BFH wendet hier eine in anderen Vorschriften zur Ablaufhemmung vorzufindende Frist (z. B. bei Auswertung von Grundlagenbescheiden oder Wegfall der Ungewissheit bei vorläufiger Festsetzung) aufgrund des dort konkretisierten Rechtsgedankens analog an.

13. Zur Bewertung unentgeltlich eingeräumter Genussrechte

Kernproblem/Kernaussage
§ 19a EStG regelt die Besteuerung der unentgeltlichen Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist diese Vorschrift nur in den Fällen anzuwenden, in denen der aus der Annahme des Überlassungsangebots entstehende Vorteil bis zur Überlassung Veränderungen unterliegen könne. Beziffere der Arbeitgeber jedoch in seinem Überlassungsangebot den Vorteil mit einem feststehenden Betrag, bedürfe es für die Ermittlung des geldwerten Vorteils nicht der Heranziehung des § 19a EStG (Freigrenze). Für diesen Fall unterliegen die den Mitarbeitern gewährten Genussrechte als unentgeltliche Sachbezüge der Besteuerung nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG.

Sachverhalt
Die Klägerin räumte ihren Arbeitnehmern im Oktober 2005 jeweils mit bis Ende 2007 befristeten Individualverträgen das Recht ein, monatlich unentgeltlich ein unverbrieftes Genussrecht im Wert von 44 EUR zu erwerben. Die Klägerin ließ die unentgeltlich gewährten Genussrechte in der Auffassung unbesteuert, dass diese unterhalb der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG (44 EUR pro Monat) nicht der Lohnsteuer unterlägen. Das beklagte Finanzamt erfasste dagegen die Genussrechte als steuerpflichtige Sachbezüge. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung
Der BFH bestätigte das Urteil des Finanzgerichts. Denn im hier zu entscheidenden Streitfall bedurfte es nicht der Anwendung der Sonderregelung des § 19a EStG, nachdem der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern jeweils wertmäßig konkret bezifferbare und bezifferte Genussrechte im Wert von jeweils 44 EUR eingeräumt hatte und der Vorteil dadurch der Höhe nach unabänderlich festgeschrieben war.

Konsequenz
Eine vergünstigende Norm darf nicht dazu führen, dass der Steuerpflichtige ungünstiger behandelt wird, als wenn es diese Vergünstigung nicht gäbe.

14. Steuerneutrale Abspaltung eines Teilbetriebs

Kernproblem
Die Übertragung von Vermögen einer Kapitalgesellschaft auf andere Kapitalgesellschaften im Wege der Spaltung kann nur dann steuerneutral erfolgen, wenn auf die Übernehmerinnen ein Teilbetrieb übertragen wird. Im Fall der Abspaltung muss zudem ein Teilbetrieb bei der übertragenden Kapitalgesellschaft verbleiben. Fraglich war, ob eine (steuerbegünstigte) Übertragung von Teilbetrieben vorliegt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen nicht übertragen werden, sondern insoweit lediglich eine Nutzungsüberlassung (Vermietung) vereinbart wird.

Sachverhalt
Die klagende GmbH übertrug ihren Teilbetrieb Stahl- und Metallbearbeitung im Wege der Abspaltung auf eine neugegründete Schwestergesellschaft. Die für ihren Fertigungsbetrieb genutzten Grundstücke sollten ausdrücklich nicht übertragen, sondern lediglich an die neue Gesellschaft vermietet werden. Mangels Übertragung der Grundstücke war das beklagte Finanzamt der Auffassung, dass die für eine Buchwertfortführung notwendige Übertragung eines Teilbetriebs nicht vorläge. Nach Auffassung des Finanzgerichts steht hingegen die bloße Vermietung von wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Buchwertfortführung nicht entgegen. Der Bundesfinanzhof sah dies anders und folgte der Ansicht des Finanzamts.

Entscheidung
In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass grundsätzlich jedes vom Betrieb genutzte Grundstück eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Es liege jedoch keine steuerbegünstigte Übertragung eines Teilbetriebs vor, wenn diese wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht übertragen werden, sondern der übernehmende Rechtsträger insoweit nur ein obligatorisches Nutzungsrecht erhält. Ausdrücklich nicht entschieden hat der BFH indes, ob eine nur wirtschaftliche Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend ist oder ob stets (auch) zwingend das zivilrechtliche Eigentum übergehen muss.

Konsequenz
Bei der Spaltung von Kapitalgesellschaften ist stets darauf zu achten, dass auf die Übernehmerinnen ein Teilbetrieb übergeht und im Fall der Abspaltung ein Teilbetrieb bei der Überträgerin verbleibt. Bei Wirtschaftsgütern, die für mehr als einen Teilbetrieb eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, stellen diese grundsätzlich ein Spaltungshindernis dar, wenn sie nicht geteilt werden können. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist bei Grundstücken daher grundsätzlich eine zivilrechtliche reale Teilung ausreichend; bei Unzumutbarkeit derselben soll eine ideelle Teilung (Bruchteilseigentum) im Verhältnis der tatsächlichen Nutzung ausreichen. Als Gestaltungsalternative bietet sich unter Umständen auch die vorherige Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlage an einen Dritten oder eine nahestehende Person an, die das Wirtschaftsgut anschließend der übernehmenden Kapitalgesellschaft zur Nutzung überlässt.

15. Ehegatten-Untertreuhandverhältnis: Steuerrechtliche Anerkennung

Kernaussage
Verträge zwischen nahen Angehörigen tragen die Gefahr des steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten. Genügen Treuhandverträge über GmbH-Anteile nicht der zivilrechtlich hinreichenden Form, kann eine Zurechnung zum wirtschaftlichen Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) nur erfolgen, wenn objektive Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vollzug vorgetragen werden.

Sachverhalt
Die Kläger wurden als Eheleute im Streitjahr 1997 zusammen veranlagt. Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Die Klägerin war über einen notariellen Treuhandvertrag mit einem Dritten mittelbar am Stammkapital der Gesellschaft zu 49,7 % beteiligt. Am Tag der notariellen Beurkundung des Treuhandvertrages schlossen die Kläger untereinander eine schriftliche als "Treuhand" bezeichnete Vereinbarung ab, wonach die Klägerin im Innenverhältnis die Hälfte ihrer mittelbaren Anteile für den Kläger hielt und verwaltete. Nach Auflösung der GmbH, Beendigung der Liquidation sowie Auflösung der Vertragsverhältnisse erhielten die Kläger jeweils einen anteiligen Liquidationserlös. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte im Streitjahr einen Auflösungsgewinn der Klägerin in voller Höhe nach § 17 EStG 1997. Hiergegen richtete sich die Klage.

Entscheidung
Die Klage blieb in sämtlichen Instanzen erfolglos. Die als Unterbeteiligungsvertrag auszulegende privatschriftliche Vereinbarung ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen und begründet weder nach Inhalt noch tatsächlichem Vollzug für den Kläger die Position des wirtschaftlichen Eigentümers. Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist der Mangel der zivilrechtlichen Form als Beweisanzeichen mit verstärkter Wirkung gegen die steuerliche Anerkennung den Vertragsparteien anzulasten. Vorliegend wurden die "Beteiligungsverträge" am gleichen Tag geschlossen, so dass die Zivilrechtslage klar war und der Formverstoß gegen den Bindungswillen der Kläger spricht. Soweit die Kläger den tatsächlichen Vollzug des Vertrages behaupten, können sie zum Beweis nicht eigene Schilderungen des internen Verfahrensablaufs unter genereller Berufung auf übliche Absprachen im Familienverbund anbieten.

Konsequenz
Der BFH hatte wegen der Verengung des Prüfungsumfangs nicht die Frage zu beantworten, ob dem Kläger Anteile als wirtschaftliches Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) trotz zivilrechtlich unwirksamer Vereinbarung überhaupt zurechenbar sind. Es bleibt hinsichtlich dieser Rechtsfrage bei der Inkonsequenz der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.




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Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


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